Foto: Panasonic

Aus der Serie: Was schert mich mein Geschwätz von gestern….

Mein Mailfreund Martin hat mir den Adenauer-Spruch schon ein paar Mal freundlich unter die Nase gehalten, und immer völlig zu Recht. Habe ich nicht noch vor ein paar Wochen die Fujifilm X100 als die ultimative Kamera gepriesen, das Immer-Dabei-Wunder, das quasi als Erlösung empfundene Werkzeug für den in-seiner-Freizeit-Trümmermüden Fotografen? Habe ich. Und ich find das Teil immer noch sensationell interessant und „voraussichtlich“ gut.

Foto: Panasonic

Foto: Panasonic

Trotzdem habe ich mir gerade eine Panasonic LX-5 gekauft. Und ich bin begeistert von dem kleinen Kerlchen.
Ich komme noch mal zurück auf den Ausgangspunkt. Warum will ich eigentlich eine kleine, feine Kamera, die gute Bilder macht? Der Schrank steht doch voll von hochgezüchteten Spiegelreflexkameras, die alles bieten, was man sich wünschen könnte, in bester Qualität, mit hoher Auflösung und allem, was das Fotografenherz sich so wünscht.
Der Punkt ist: Spiegelreflexe professionellen Zuschnitts sind groß. Sie sind unhandlich. Sie passen nicht in die Jackentasche. Noch nichtmal in eine Aktentasche. Sie sind schwer. Sie belasten.
Auch in meiner nicht-kommerziell-gebuchten Zeit möchte ich fotografieren. Meine Gefühle, meine Wahrnehmung, meine Befindlichkeiten ausdrücken. Einer Stimmung nachspüren, eine Atmosphäre verdichten. Mit Bildern. Mit einer Kamera, die man immer dabei haben kann, ohne sich zu belasten. Ohne schwer zu tragen. Ohne aufzufallen wie ein bunter Hund, dem ein Megaphonträger vorauseilt, der da verkündet: HIER KOMMT DER FOTOGRAF! (Ja, und ich habe auch keine Lust mehr, gefragt zu werden: „Kommen wir jetzt ins Fernsehen?“).
Zu analogen Zeiten war das alles kein Thema: zwischen Minox, Rollei und den sonstigen üblichen Verdächtigen fand sich immer eine schöne passende Sucherkamera, mit denen man sehr privat und sehr hochwertig fotografieren konnte. Leider ist diese Kultur im digitalen Leben bisher nicht so richtig angekommen. Die Industrie schielte zu sehr auf die Knipser und hat die Fotografen schnöde links liegen gelassen.
Bis jetzt. Jetzt soll die Fujifilm X100 kommen. Aber erst im März. Bis letzte Woche fand ich diese Option noch OK. Heute nicht mehr. Ich will _jetzt_ mein fotografisches Tagebuch pflegen und Spaß haben und Gefühle ausleben.
Also habe ich mich einfach von Vorbildern leiten lassen und bin einen Kompromiss eingegangen. Die Lumix DMC-LX5 mit elektronischem Aufstecksucher ist es geworden. Der Händler meines Vertrauens hatte sie vorrätig, die Lady am Verkaufstresen erwies sich trotz nicht wegzudiskutierender Jugend als erstaunlich kompetent, und so wechselten eben mal locker 650 Euro den Besitzer.
Für ein kleines Teil. Für ein leichtes Teil. Das in meine Jackentasche passt. Und in die Aktentasche sowieso. Es kann auch Filme machen – was für ein Spaß! Und in guter Qualität. Und mit Optionen, die offensichtlich auch an die Kreativen unter den Nutzern gerichtet sind. Vor ein paar Jahren hätte so etwas noch richtig Kohle gekostet.

Foto: Christian Ahrens

Foto: Christian Ahrens

Und: dank etwas größerem Sensor, lichtstarkem Leica-Objektiv (2.0 -3.3), effizientem Anti-Wackel, brauchbarem elektronischem Sucher usw.: die Kamera schlägt sich wacker. Ich würde sagen, bis 400 ASA bis A3, bis 800 ASA locker bis A4. Braucht man wirklich mehr, um seine Ideen auszudrücken?
Die Fujifilm habe ich nicht vergessen. Aber meine Ungeduld hat sich doch gelegt. Ich habe ja jetzt eine Kleine, eine Feine. Immer. Dabei.

Keine Ausreden mehr für private Projekte!
Ich freue mich drauf.

Foto: Christian Ahrens

Traditioneller Jahresrückblick auf das Canon-Jahr

Hallo liebe Leser,
vor mittlerweile 6 Jahren bin ich in die digitale Fotografie eingestiegen, damals mit einer Canon 300D, eine der ersten bezahlbaren Spiegelreflexkameras mit einer guten Bildqualität, die mit den auf Film fotografierten Ergebnissen mithalten konnte. Daher ist Ende Oktober/Anfang November sozusagen immer Jahrestag für meinen Einstieg in die Canon-Fotografie. Seit Jahren veröffentliche ich im Dforum einen Jahresrückblick, was ich auch 2010 getan habe. Der Text soll aber auch auf meinem Blog nicht fehlen:

Neues im Canon-Umfeld?
Auch in diesem Jahr kann ich vermelden: Kameratechnisch gibt es nichts Neues, denn ich fotografiere weiterhin mit 1D III und 1Ds II, zu meiner Zufriedenheit, es gibt keine Objektivneukäufe, keine zusätzlichen Blitzgeräte oder sonstige Dinge, die den Namen Canon tragen. Als Geschäftsmann und Unternehmer kann ich das nur begrüßen, denn die 3 bis 6 Kiloeuro, die eine neue Kamera bedeuten würde, bedeutet auch, dass die entsprechende Eurosumme meinen Gewinn schmälern würde. Ich bin sehr zufrieden damit, dass meine beiden Arbeitspferde weiterhin zu meiner vollsten Zufriedenheit arbeiten und meinen Lebensunterhalt sichern helfen.

Foto: Christian Ahrens

Foto: Christian Ahrens

Warum ist das so? Weil es keinen Grund gab und gibt, die Kameras auszutauschen. Beide Geräte, die ich auch schon im vergangenen Jahr in Betrieb hatte, funktionieren einwandfrei. Vielleicht ist der Lack rund um den Auslöseknopf meiner Hauptkamera, der 1DsII, etwas abgegriffener, mag sein. Doch nach wie vor arbeitet die Kamera perfekt und liefert Bildergebnisse, die ich und meine Kunden ohne Einschränkungen als state of the art ansehen. Braucht man mehr? Derzeit nicht. Die einzige Kamera, die mich vielleicht in Versuchung führen könnte, wäre eine sehr starke 1Ds Mk IV. Doch die gibt es bis heute nicht, weder als reales Produkt noch als Ankündigungs-Fata-Morgana.

Das Thema Video beschäftigt mich allerdings schon, wenn auch bisher nur am Rande. Ich sehe es als wunderbare kreative Ergänzung zu den bisherigen Möglichkeiten einer digitalen Spiegelreflexkamera, ganz gleich, ob man das nun privat und spielerisch oder auch geschäftlich nutzen will. Schon als Schüler habe ich mir gewünscht, professionelles Filmmaterial belichten zu können, aber mehr als ein paar Super-8-Versuche waren damals nicht drin. Von 16mm oder professionellen Videoformaten konnte man nur träumen. Jetzt stecken diese Möglichkeiten in jeder aktuellen Spiegelreflex gleich mit drin; das fasziniert mich schon. Auch unter diesem Aspekt wäre eine 1 Ds IV sicherlich spannend. Wenn sie denn irgendwann mal kommt, lieferbar wird und sich auch die ersten Preishörner abgestoßen hat.

Gerätetechnisch gab es ansonsten nur ein paar Ausfälle: das 24-70 hatte eine defekt Zoom-Mechanik und musste repariert werden. Das gleiche bei einem 580er, der auf einmal nur noch volle Pulle blitzen wollte. Beides hat Canon Willich schnell und erfolgreich erledigt, die Rechnung über 500 Euro buche ich als nicht zu ändernde Notwendigkeit, wie eine Autoreparatur. Das mit dem Objektiv war übrigens richtig tricky: das Objektiv hakte schon eine ganze Weile, aber das habe ich ignoriert, bis zu dem Zeitpunkt als mitten im Shooting für einen großen deutschen Dienstleister die Bilder auf einmal immer unschärfer wurden. Gottseidank hat es meine Kollegin und Geschäftspartnerin, die bei dem Job assistiert hat, rechtzeitig bemerkt, so dass nur ein Motiv von dem Problem in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich habe dann mit dem Objektiv meiner Kollegin weiter fotografiert, mit besten Ergebnissen.

Gemeinsam arbeiten
Apropos Kollegin. Schon seit zwei Jahren arbeite ich eng mit der Fotografin Silvia Steinbach zusammen. Wir tauschen uns aus, knobeln neue Techniken aus, leihen uns gegenseitig Equipment und so weiter. Seit 1. Juni haben wir auch eine gemeinsame Firma: Ahrens & Steinbach Projekte. Ziel dieser Unternehmung ist es, fotografische Projekte im größeren Stil, vor allem im Umfeld von Zukunftsthemen wie Energie, Bildung oder Biotechnologie, zu realisieren. Einen ersten Auftraggeber haben wir bereits gefunden, der ein sehr schönes Thema von uns ausarbeiten lässt. Mehr dazu im Frühjahr 2011, dann werde ich wieder eine Ausstellung ankündigen können!

Aber auch sonst ist diese Zusammenarbeit unschätzbar wertvoll. Bei unseren kommerziellen Einzelprojekten assistieren wir uns gegenseitig, was unerhört hilfreich und effizienzsteigernd ist. Außerdem kommt es gut bei den Kunden an, und der jeweilige federführende Fotograf/Fotografin bekommt bestmögliche Unterstützung. Die Produktionen werden sicherer, schneller und nicht zuletzt auch viel mehr Spaß.

Licht

Foto: Christian Ahrens

Foto: Christian Ahrens

Am meisten haben wir in diesem Jahr am Licht gearbeitet und unsere Möglichkeiten verfeinert und ausgebaut. Zu unserer feinen Lumedyne-Anlage ist ein großer Elinchrom Ranger dazu gekommen, das erweitert manche Möglichkeiten. Gleichzeitig haben wir weiter an unserer Fähigkeit des Licht-Setzens gearbeitet, wir sind subtiler geworden, haben mehr Feinheiten im Angebot, auch mehr Routine. Das ist ein langer Weg und noch gilt es vieles zu entdecken. Ich freue mich auf neue Erkenntnisse und Horizonte!

Technisch haben wir gerade die Microsync-Funk-Sender/Empfänger ausgemustert und erwarten täglich die Lieferung von 6 Pocket Wizards. Die Microsyncs sind gut in unkritischen Umgebungen, aber wir haben die Erfahrung machen müssen, dass sie im rauhen Umfeld in der Industrie mitunter schnell aussteigen. So haben wir beispielsweise vor einigen Wochen in einem Werk fotografiert, in dem Riesenbagger gebaut werden. Da steht natürlich viel Stahl herum, aber selbst aus Nahdistanzen haben die Microsyncs kaum jemals ausgelöst, es war wirklich katastrophal und wir müssten schnell eine optische Brücke improvisieren. Ob das an überlagernden Funknetzen oder sonst etwas gelegen hat, wissen wir nicht. Wir erhoffen uns, von den Pocket Wizards hier einfach mehr, einen besseren Stör-Signalabstand, höhere Zuverlässigkeit. Hoffentlich werden die Teile ihrem Ruf gerecht, hoffentlich rechnet sich die Investition!

Vorbilder und Zukunft

Foto: Christian Ahrens

Foto: Christian Ahrens

Eine große persönliche Freude hatte ich jetzt im Herbst, als ich den von mir hoch geschätzten Fotografen und Filmemacher Gert Wagner persönlich kennenlernen durfte. Ich bin jetzt seit 5 Jahren erfolgreich im Geschäft; aber im Gespräch mit einem Altmeister merkt man schnell, wie viel man noch lernen, erfahren, verfeinern und verbessern kann. „Lebenslanges Lernen“ ist absolut nicht übertrieben in der Fotografie, es ist eine Realität. Als Folge dieser Begegnung haben wir uns entschlossen, ein gemeinsames Buch zu realisieren. Mit (abenteuerlichen) Geschichten aus der beruflichen Fotopraxis, mit spannenden Erlebnissen, Katastrophen und Sensationen – und vor allem auch dem, was man daraus lernen kann. Wie man seine Technik verfeinert, seine Fähigkeiten schult und seine Möglichkeiten ausbaut. Wir werden dieses Buch als eBook über die bekannten Kanäle vertreiben; wann es soweit ist, werde ich natürlich hier berichten.

Geschäftliches

Foto: Christian Ahrens

Foto: Christian Ahrens

Auch geschäftlich sind wir in diesem Jahr neue Wege gegangen und haben in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Uwe Völkner an einer europaweiten Ausschreibung einer großen europäischen Behörde teilgenommen (Triofoto). Dabei ist uns ein Teilerfolg beschieden gewesen, und wir haben eines von drei Losen gewinnen können. Außerdem realisieren wir einen Großauftrag für eine Agentur und werden daher in den kommenden Monaten viel reisen. Sehr erfreulich!

Ausblick
2010 entwickelte sich zu einem sehr spannenden fotografischen Jahr, mit vielen Linien in die Zukunft. Projekte, Pläne, Ideen und Wünsche: es gibt noch viel zu tun. Langweilig wird es nicht werden 2011. Ich werde weiter berichten, so oft es meine Zeit erlaubt.

Eine schöne Vorweihnachtszeit wünscht
Ihr Christian Ahrens

Fujifilm FinePix X100. Eine klassische Kamera. Foto: Fujifilm

Fujifilm FinePix X100 – Back to Basics

Gedanken und Überlegungen zu einer Kamera, die es noch nicht gibt, die aber seit Jahren überfällig ist.

Die Photokina-Sensation
Zur Photokina 2010 wollte ich auf jeden Fall – und mit ausreichend Zeit. 2008 war ich nur zwei kurze halbe Nachmittage da, und diese Art von Desaster wollte ich nicht noch einmal erleben. Glücklicherweise gestaltete sich die Arbeitswoche tatsächlich so, dass zwei volle Tage Photokina dabei für mich heraussprangen. Danke an meine Kunden und Danke an den Fotografengott! Und als dann im Vorfeld der Photokina Fujifilm auch noch das Erscheinen der Fujifilm X100 bekannt gab und erste Specs die Runde machten, war mein Glück vollkommen und mein erstes Ziel auf der Photokina definiert: Der Fujifilm-Stand. Und die Kamera X100.

Fujifilm FinePix X100. Eine klassische Kamera. Foto: Fujifilm

Fujifilm FinePix X100. Eine klassische Kamera. Foto: Fujifilm

Digital heißt: warten auf Qualität
In der Spiegelreflexwelt ist die digitale Technik inzwischen längst Standard, für Amateur- wie auch für Berufsfotografen, und hat das Qualitätsniveau des Films nach einer langen Anlauf- und Entwicklungszeit überholt und weit überflügelt. In der Welt der kompakten, handlichen und jackentaschentauglichen Kameras ist das bis heute eigentlich nicht oder kaum der Fall. Die Klasse der „Kompakten“ digitalen Kameras ist für einen bewusst gestaltenden Fotografen bis heute nur sehr bedingt einsetzbar, jedenfalls dann, wenn er Wert auf einen anständigen Sucher legt, auf die Gestaltungsmöglichkeiten via Schärfe/Unschärfe und auf eine gute Bildqualität, womöglich auch bei höheren Empfindlichkeitseinstellungen.

Was zu Filmzeiten eine analoge Minox, eine Rollei, eine kleine Contax oder eine Zeiss Ikon ganz selbstverständlich beherrschte, ist in unserer digitalen Welt bis heute Mangelware bzw. praktisch nicht existent. Ausnahmen gibt es, auch wenn man hier eigentlich nur die Leica M8 oder M9 nennen kann. Siehe hierzu auch die Einleitung zu meiner Leica M9 Story: Ich denke, dass man mit diesen beiden Kameras als bewusst gestaltender Fotograf wunderbar arbeiten und die analogen Möglichkeiten ebenfalls toppen kann. Doch stehen dem ungemein hohe Invests entgegen, im Falle der M9 allein 5500 Euro für den Body. Ist das gerechtfertigt? Das kann ich hier sicherlich nicht allgemeingültig entscheiden, aber für mich ist das derzeit definitiv zu viel und kommt daher einfach nicht in Frage. Die M8 wäre eine Option; rund 1900 Euro muss man für eine Gebrauchte anlegen. Das geht. Wenn auch hier einige Kompromisse einzugehen sind.

Hilfe von unerwarteter Seite
So, und nun kommt also Fujifilm daher und präsentiert einfach eine ganz „klassische“ Kamera. Sie hat einen (eingebauten) Sucher, sogar alternativ als optischen und als Bildschirm-Sucher ausgelegt. Sie hat eine Festbrennweite mit Lichtstärke 2.0 und eine Brennweite von äquivalent 35 mm. Sehr fein für reportagig angehauchte Fotografen und/oder solche, die nur wenig Gepäck wünschen, wenn sie losziehen – und auch kein Problem damit haben, sich dabei zu beschränken. Und sie hat einen „großen“ Sensor, APS-C heißt das heute und bedeutet, dass er so groß ist wie anno 2004 der in meiner Canon 20D. Groß genug für richtiges Fotografieren also, und exzellente Bildergebnisse dazu.

Fujifilm FinePix X100. Mehr braucht man nicht. Foto: Fujifilm

Fujifilm FinePix X100. Mehr braucht man nicht. Foto: Fujifilm

Papierform
Das alles ist noch Papierform. Diese Kamera gab es auch auf der Photokina 2010 nicht, noch nichtmal als funktionierendes Labormuster. Aber das Konzept dieser Kamera scheint ausgereift; es ist ein Gerät, das die klassischen Tugenden beherrscht (großer Sensor, hohe Empfindlichkeit, hohe Lichtstärke, eine attraktive Reportage-Brennweite, einfache und klassische Bedienbarkeit) und keine Abstriche nötig hat: bei der Bildqualität. Beim Handling. Beim Fotografieren.

Auf der Photokina durfte man unter Aufsicht durch den Sucher blicken, und man konnte eine Ahnung davon erhalten, was da in Zukunft geboten wird: Einen Sucher, der zeigt, was man fotografiert. Erstaunlich und wirklich faszinierend, das etwas so Selbstverständliches und etwas so Notwendiges nun auch in einer handlichen UND digitalen Kamera angekommen ist!

Versagen der Kameraindustrie
An dieser Stelle eine Adresse an all die Platzhirsche und Umsatzkönige unserer Zeit: warum habt IHR so etwas nicht schon ein bisschen eher fertig gebracht? Habt Ihr vergessen, das Fotografen hin und wieder richtige Fotografien machen möchten? Habt Ihr die klassischen Mittel fotografischer Wirksamkeit wirklich so vollkommen verdrängt, dass sie in Euren Produktportfolios keine Rolle mehr spielen? Eine gewisse Fassungslosigkeit darüber, u.a. an die Adresse von Canon und Nikon, aber auch Sony, Olympus und Panasonic, sei mir hier mal kurz aber dafür mit umso mehr Nachdruck gestattet.

Es gibt ja mittlerweile einige Kamera-Kompakt-Modelle mit großen Sensoren. Aber warum werden die mit 24-600mm-Objektiven (KB-äquivalent) verkauft? Wozu soll das gut sein? Da hat man eine Zigarettenschachtel in der Hand – und vorne dran ist ein Fernrohr. So stehen sie in den Verkaufsvitrinen. Pancake? Ja, gibt es. Nein, nicht bei diesem Händler. Und ein Sucher, der diesen Namen verdient, ist auch nicht mit an Bord.

Anders sieht das aus bei der Fujifilm. Dieses Teil ist reduziert. Es ist sogar sehr stark eingeschränkt, was Brennweitenexzesse angeht. Aber diese Kamera ist scheinbar präzise und höchst fokussiert genau dafür gemacht, für das sie auch antritt. Für die ultimative Flaneurkamera, für die kleine Reportage, für den sich selbst zurück nehmenden, konzentriert agierenden Fotografen. Für den Cartier-Bresson in uns. Kompromisslos, wie es scheint. Auf den Punkt gebracht, wie es scheint. Ein Produkt für Fotografen, wie es scheint. Für Leute, die Bilder machen wollen und wissen, wie das geht. Und die auch wissen, welche Bilder sie damit nicht machen können.

Preis-wert
Auf der Photokina durfte man auch nach dem voraussichtlichen Preis fragen. Und man bekam sogar eine Antwort: um die 1000 Euro. Holla Holla. Wenn man für einen Moment vergisst, dass das mal 2000 DM waren, erscheint einem das geradezu preiswert. Nicht soviel teurer wie die „besseren“ Kompakten und bedeutend preiswerter als die halbherzig konzipierte Leica X1. Von einer M9 (die zugegebenermaßen eine andere Klasse ist) ganz zu schweigen.

Fazit
Wenn Fujifilm in wesentlichen Design- und Technikfragen nicht patzt, dann geht für mich um die Fujifilm X100 kein Weg herum: diese Kamera werde ich mir ziemlich sicher kaufen. Wenn die Bildqualität bis 1250 ASA stimmt und wenn das Objektiv gut ist. Und da bin ich jetzt einfach mal optimistisch. Das sollte Fuji doch hinkriegen.

Auf dem Stand von Fujifilm auf der Photokina habe ich mich bei einem der dort anwesenden Manager bedankt. Für eine in Erfüllung zu gehen sich anschickende Hoffnung. Nach östlicher Sitte reagierte er auf meine Wort mit über der Brust verschränkten Händen und einer Verneigung. Ich nehme das für mehr als nur ein Zeichen. Für mich ist das ein Vertrag.

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Hier kann man den Nachfolger dieser Kamera zeitgemäß bestellen: Fujifilm X100F

Leica M9 – Warum Kleinbild doch irgendwie Leica ist (part 3 of 3)

Hard facts
In einem „Test“ wären wir längst darauf zu sprechen gekommen: Bildqualität, Geschwindigkeit, Größe des Monitors. Und so weiter und so fort. Da dieser Beitrag jedoch kein Test, sondern ein Erfahrungsbericht ist, werde ich mich hier sehr kurz halten.
Die Bildqualität der Leica ist sehr gut. Der 18 Megapixel-Sensor ist mindestens bis 1250 ASA ausgezeichnet, und höhere Werte werden in vielen Fällen ebenfalls noch gut gehen. Dass die Datenverarbeitung recht gemächlich ist, stört bei dieser Kamera kaum – man fotografiert ja ganz anders mit ihr. Anders, das heißt: langsamer. Ja, ja. Die Leica-Mythen haben einen wahren Kern. Was mich bei einer 1Ds II oder neuer sehr stören würde, ist mir hier vollkommen egal. Die langsame Schreibgeschwindigkeit stört den Flaneur nicht. Der hat Zeit. Der ist nicht unterwegs, um zu suchen, sondern um zu finden.
Viele haben den kleinen Monitor der M9 moniert. Ich finde ihn in Ordnung. Was mir besonders gut gefallen hat: Wenn man in das Bild hineinzoomt, kann man die Schärfe wirklich sehr gut beurteilen, offenbar bekommt man dabei die wirklich fotografierten Pixel zu sehen. Aber ich erwähnte ja bereits: die Schärfe sitzt bei sorgfältigem Fokussieren ohnehin. Meistens jedenfalls.
Und hier ist es wieder an der Zeit für ein „Apropos“: Denn jetzt möchte ich ein wenig von der Bildqualität reden, die weniger dem Sensor als vielmehr den Objektiven zu verdanken ist.
Und das hat schon ganz besondere Qualitäten. Obwohl ich nur zwei „Billiglinsen“ von Leica bekommen haben, hat mich das beeindruckt. Die Abbildung, die die Objektive auf den Sensor zeichnen, ist einfach schön. Simply sharp. Über die ganze Breite, fast ohne Einschränkung. Das ist weit von dem entfernt, was ein Canon-Weitwinkelzoom bei Offenblende in den Ecken zustande bringt. Und das kommt natürlich dank des fehlenden AA-Filters vor dem Sensor im Leica-Datensatz auch besonders gut zur Geltung.

Während ich bei den beliebten Schärfe-Diskussionen in üblicher DSLR-Forums-Manier nur die Achseln zucke und denke „wen juckt das schon, wer merkt das im Druck?“, gefällt mir diese von den Technik-Enthusiasten vielfach geforderte Schärfe hier. Es merkt im Druck wahrscheinlich immer noch keiner. Aber es ist eine Qualität, die nicht wegdiskutiert werden kann und die man nur mit viel Aufwand erreichen kann. Dafür einfach mal Freude und Respekt!

Werte, Wertigkeiten und Werthaltigkeiten
Nur ein kurzer Diskurs: Ist die Kamera ihr Geld wert? Noch vor wenigen Wochen hätte ich klar gesagt: Nein. Sie ist einfach zu teuer.
5.500 Euro fordert Leica nur für den Body. In Objektiven kann man dann auch nochmal beträchtliches Kapital anlegen, selbst wenn man sich nur auf zwei oder drei Brennweiten beschränkt. Und doch, obwohl die M9 eine digitale Kamera mit den dieser Technik eigenen schnellen Verfallszeiten ist, kann ich die Haltung vieler Leica-Eigner nun besser verstehen: die Kamera für’s Leben. Einmal, aber dafür richtig kaufen. Wären wir immer noch im analogen Zeitalter, würde ich dem vorbehaltlos zustimmen.
Heute belichten wir aber auf Sensoren und die haben eine ungeheure Entwicklungsdynamik. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass ein anspruchsvoller Fotograf und M9-Besitzer von heute in fünf Jahren die dann verfügbare Technik auch gerne haben möchte. Kann, darf, soll man alle fünf Jahre 5000 Euro versenken – für eine Maschine, die eigentlich dafür konzipiert wurde, einmal gekauft und dann bis zum Ende seiner Tage genutzt zu werden?

Eine gültige Antwort darauf gibt es nicht. Offenbar ist Leica mit der M9 sehr erfolgreich. Alle weiteren Details regelt der Markt.

Erfüllung
Ist oder wäre die Leica M9 die Kamera für mich und meine Zwecke? Meine Antwort darauf ist ein 80prozentiges Ja. Bildqualität, zeitgemäße Umsetzung digitaler Tugenden und die charmant-lebendige Verbindung zu den Wurzeln der (Kleinbild-)-Fotografie nehmen mich sehr für diese Kamera ein. Noch großartiger fände ich es, wenn es eine sinnvolle Möglichkeit gäbe, ein shiftbares Objektiv an dieser Kamera zu betreiben, aber das ist vor allem meinen persönlichen Vorlieben in meiner privaten Fotografie geschuldet. Was mir auch gefallen würde: wenn diese Kamera etwas leichter wäre. Das ist ein echter Brocken in der Tasche, der ganz schön Richtung Erdmittelpunkt zieht. Ich hätte jedenfalls nichts gegen leichtere Materialien. Und ich hätte auch nichts gegen zeitgemäße Erweiterungen, die der M9 gut zu Gesicht stehen würden: Filme in hoher Qualität zu drehen zum Beispiel. Oder ein Display, das man hilfsweise auch nutzen kann, um das Bild zu komponieren und das natürlich schwenk- und klappbar sein sollte. Wir sprechen schließlich über DIE Inkarnation der schnellen, diskreten Reportagekamera. Die oben genannten Features passen hier sehr gut rein. „Reportage“ heute ist nicht mehr das gleiche wie in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Anforderungen haben sich verändert, die Möglichkeiten sind gewachsen. Mancher Fotograf in kritischen Situationen freut sich, die Kamera unauffällig auf seiner Stuhllehne platzieren zu können und mittels schwenkbarem Monitor sein Bild machen zu können. Multimedia-Produzenten sind heute auch Reporter. Wer das nicht glauben will, kann gerne mal bei den Redner-Aufzeichnungen des diesjährigen Lumix-Festivals in Hannover vorbeischauen: dort wird es von hochkarätigen Vertretern der Zunft demonstriert.
Wird die Leica M9 „meine“ Kamera? Ich kann diese Frage derzeit nicht sicher beantworten. Sie ist es nicht so sehr, dass ich die Anschaffung nun mit voller Priorität betreiben werde. Doch sie würde mir viel Freude machen, wenn sie einfach da wäre. Ich und die Leica Mx digital: wir sprechen uns noch.

Nachtrag
Nach der Photokina 2010 drehen sich meine Gedanken sehr um die Fujifilm Finepix X100. Dieses Stück Kamera verfügt zwar „nur“ über eine 35mm Äquivalent-Festbrennweite (nicht wechselbar), hat aber ansonsten alles, was eine anständige Kamera braucht: einen großen Sensor mit hoffentlich zeitgemäßer Leistung, ein hochwertiges, kompaktes Gehäuse – und einen richtigen Sucher. Sogar wahlweise als optischer und elektronischer Sucher mit einer hohen Auflösung ausgestattet. Mir persönlich reicht für meine privaten Streifzüge eine 35mm-Jackentaschenkamera. Wenn die Leistung stimmt und wenn das Fotografiergefühl so ist, wie ich es mir erhoffe. Der Markt gerät in Bewegung. Glücklicherweise. Und offenbar sind jetzt auch ein paar Leute dabei, die nicht nur prognostizierte Absatzzahlen im Consumer-Bereich vor Augen haben, sondern auch an Menschen denken, die einfach fotografieren wollen. Natürlich ist die Fujifilm keine Konkurrenz zur M9, da sie ein anderes Segment bedient und anscheinend keine Wechselobjektive vorsieht. Aber es ist möglicherweise die Kamera, die ich mir als nächstes kaufen werde und die die Leica X1 eigentlich hätte werden müssen.

Gert Wagner: Fotopraxis. Abenteuer und Action

Blick über die Schulter des Profis: Gert Wagners Fotopraxis

Doch. Bitte lesen Sie unbedingt weiter. Ja, es steht wieder eine Buchrezension an. Und nein, es geht nicht um einen der vielen langweiligen Titel auf dem Buchmarkt, in dem ein selbsternannter Profi einen „Meisterkurs“ veröffentlicht und dabei nicht halten kann, was er verspricht.
In dieser Rezension geht es um einen wirklichen Profi – und dieser erzählt spannend, unterhaltsam, anekdoten- und lehrreich aus dem Leben eines Berufsfotografen, er berichtet über gefährliche Situationen, internationale Werbeproduktionen, Aufträge für führende Zeitschriften von GEO bis Stern und über all die fotografischen Herausforderungen, denen ein Berufsfotograf bei der Umsetzung seiner Aufträge begegnet und wie er sie löst.

Zeitgemäß im iTunes Store

Gert Wagners Bücher tragen Titel wie „Abenteuer und Action“, „Licht“, „Symbole“, „Architektur und Industrie“ oder „Portraits“. Und sie kosten gerade mal 79 Cents im preiswertesten Fall und 2,99 Euro bei dem umfangreichsten Titel. Des Rätsels Lösung: Gert Wagner hat sein 2003 erschienenes Buch „Beruf: Fotograf“ erweitert, aktualisiert und in handliche Kapitel gegliedert. Diese Bücher sind nun als preiswerte Applikationen im Apple iTunes Store für iPhone und iPad erhältlich und bieten kurzweilige und lehrreiche Lektüre für Fotografierende jeglicher Couleur. Besonders aber sind die Bücher (oder Apps) für diejenigen wichtig, die sich für die Arbeit und die Arbeitsweise von Berufsfotografen interessieren, zum Beispiel weil sie selbst eine solche Karriere anstreben.

Gert Wagner: Fotopraxis. Abenteuer und Action

Gert Wagner: Fotopraxis. Abenteuer und Action

Gert Wagner gruppiert seine Geschichten geschickt um den jeweilige thematischen Schwerpunkt und erzählt mit leichter Hand: Wie er auf einer Windjammer fast seine ganze Kamerausrüstung verlor und dennoch zu mitreißenden Bildern kam. Mit welchen Tricks er Flugaufnahmen in der Arktis realisierte oder wie man im eigentlich sonnenverwöhnten Kalifornien trotz Dauerregen und tristem Himmel ein aufregend-sommerliches Kalenderfoto gestaltet. Das ist unterhaltsam zu lesen, das weckt Abenteuer- und Fotografierlust – und es zeigt vor allem auch, wie es ist, wenn man unter dem Druck von Produktionen steht und Erwartungen von Redaktionen oder Marketingabteilungen zu erfüllen hat. Der Fotograf ist irgendwo da draußen unterwegs, oft ganz auf sich allein gestellt, und muss unter allen Umständen verwertbare Ergebnisse produzieren, um seine Auftraggeber zufrieden zu stellen.

Jedes Kapitel wird ergänzt um einen Anhang. Hier beleuchtet Gert Wagner technische Hintergründe, Lösungen und Zusammenhänge. Eine knappe Quintessenz an Tipps und Lehren, die der Autor aus den geschilderten Situationen gezogen hat und an die nächste Generation von Fotografen weitergibt. Das ist überhaupt eines der Stärken dieses Buches: es ist (fast) zeitlos, die Geschichten und Anekdoten thematisieren grundlegende Aspekte der Auftragsfotografie und sind daher auch über den Moment hinaus gültig.

Fazit

Gert Wagner lebt als Fotograf und Filmemacher in Norddeutschland. Er hat für große Magazine und internationale Konzerne gearbeitet. Viele seiner Bilder wurden weltweit veröffentlicht und erhielten zahlreiche Preise. Heute produziert er Dokumentar- und Corporate Filme als Kameramann und Regisseur.

Gert Wagner lebt als Fotograf und Filmemacher in Norddeutschland. Er hat für große Magazine und internationale Konzerne gearbeitet. Viele seiner Bilder wurden weltweit veröffentlicht und erhielten zahlreiche Preise. Heute produziert er Dokumentar- und Corporate Filme als Kameramann und Regisseur.

Wer sich für die Realität in der professionellen Fotografie interessiert, wer selber fotografiert und etwas erfahren möchte von einem Fotografen, der auf hohem Niveau national und international für führende Zeitschriften, Werbeagenturen und Unternehmen fotografiert hat, bekommt mit den 7 iTunes-Bücher einen Schatz von Erfahrungen, einen Einblick in die Berufsfotografie und viele Blicke über die Schulter eines Profis. Weitab von den vielen Fotografie-Banalitäten des deutschen Buchmarktes ist dieses Werk für den angehenden Praktiker und den ehrgeizigen Lichtbildner ein echter Solitär im Angebot. Lassen Sie sich von den Geschichten faszinieren, von dem Vorbild anregen, von den Lehren inspirieren und machen Sie sich die Haltung des Autors zu eigen: nie aufgeben, immer das Bestmögliche versuchen, an Grenzen gehen und sie auch einmal überschreiten – dann verbessern sich auch Ihre Bildergebnisse. Ganz egal, ob diese im Selbst- oder im Fremdauftrag erbracht werden.

Mehr Informationen im iTunes App Store
Oder auf der Website des Autoren.
Es gibt außerdem eine iPad-Version (5,99 Euro).

Hier das YouTube-Video zu den ebooks.

Das gedruckte Buch von 2003 kann bei Amazon bestellt werden.

Martina Mettner: Erfolg als Fotograf

Ein wichtiges Buch – Martina Mettner: „Erfolg als Fotograf“

Martina Mettner: Erfolg als Fotograf

Martina Mettner: Erfolg als Fotograf

Martina Mettner, die bekannte Fotoexpertin und -Beraterin, hat mit Ihrem neuen Werk „Erfolg als Fotograf“ in diesem Jahr bereits die zweite Buchveröffentlichung vorgelegt. Während sich das Buch „Wie man ein großartiger Fotograf wird“ eher an Amateure – oder besser: an im Eigenauftrag Fotografierende – wendet, ist das neue Werk an Berufsfotografen gerichtet: solche, die es bereits sind, solche, die auf dem Weg der Ausbildung sind oder solche, die als Newcomer den Markt betreten und sich nun fragen, wie sie diese Herausforderung meistern sollen.

Hoher Anspruch
Um keine falschen Erwartungen zu wecken: es geht in dem aktuellen Werk nicht um fotografische Fragen oder fotografische Fähigkeiten oder wie man sie entwickelt. So schreibt Martina Mettner im Vorwort: „Dass Sie etwas können, davon gehe ich aus. Der Fokus liegt darauf, Ihre Leistung ins rechte Licht zu rücken.“ Und weiter: „Viele Fotografinnen und Fotografen sind zwar seit Jahren digital unterwegs, aber gedanklich noch gar nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Es wird höchste Zeit, aufzuwachen und das eigene berufliche Leben in die Hand zu nehmen.“ Das sind starke Worte, die hohe Erwartungen wecken. Selbstbewusst legt die Autorin nach: „Wer einmal die Lektürezeit in sein eigenes Fortkommen investiert und wenigstens einige der genannten Aspekte umsetzt, erwirbt damit eine solide zukunftsfähige Basis.“

Die acht P’s der M. M.
Mettners Buch ist nach einigen einleitenden Bemerkungen zur Situation der Fotografie im beginnenden 21. Jahrhundert in acht Kapitel gegliedert, die aufeinander aufbauen und viele drängende Fragen von Profis oder solchen, die es werden wollen, behandeln. Dabei beschränkt sich das Buch nicht auf allgemeines Marketing-BlaBla, sondern lässt an Konkretheit, Direktheit und Praxisorientierheit nichts zu wünschen übrig. Berufsfotografen erhalten in den acht „P“s von Martina Mettner gebündeltes Wissen, das in dieser Form für Fotografen bisher nirgendwo aufgeschrieben wurde:
Das Kapitel „Planung“ skizziert die verschiedenen Wege in die Berufsfotografie und gibt Hinweise zum Start in die Selbständigkeit. „Perspektiven“ schildert den Bildermarkt und die Situation des heute agierenden Berufsfotografen. In „Profil“ geht es um die Persönlichkeit und die „Marke“, die ein Fotograf darstellt oder bilden sollte. „Präsenz“ schildert die Möglichkeiten, die das Internet für die Selbstdarstellung des Fotografen bietet, während „Prägnanz“ sich den herkömmlichen Marketingmaterialien und Akquiseinstrumenten zuwendet. Im Kapitel „Promotion“ schildert Martina Mettner die verschiedenen Möglichkeiten, sich als Fotograf ins Gespräch zu bringen, während das Kapitel „Postskript“ auch die ‚dunkleren’ Seiten des Berufslebens beleuchtet und zum Beispiel thematisiert, wie man mit Absagen umgehen kann oder welche Jobs man besser ablehnen sollte. Ein Anhang von Rechtsanwalt Tim Hoesmann („Paragrafen“) rundet das Werk ab und fasst die wichtigsten rechtlichen Hinweise für Fotografen zusammen.
Auf gut 200 Seiten hat Martina Mettner hochkonzentriert, komprimiert und pointiert die Essentials für ein erfolgreiches Berufsleben zusammengetragen. Jeder Zeile merkt man an, dass die hier veröffentlichten Erkenntnisse nicht am grünen Tisch formuliert wurden, sondern einen starken Bezug zur Praxis haben. Aus ihrer jahrelangen Beratertätigkeit kennt die Autorin die Sorgen und Nöte der Fotografen aus erster Hand – und gibt in ihrem Buch Analysen, Antworten und Arbeitsanweisungen.

Martina Mettners Buch ist ohne Vorbild, es gibt – mindestens im deutschsprachigen Raum – nichts Vergleichbares. Das Buch analysiert klug und präzise und mit der Mettner-eigenen Direktheit und Unverblümtheit die gegebenen Marktverhältnisse. Es zeigt, welche Märkte schwierig sind, es zeigt aber auch, wie man die heute gängigen Werkzeugen einsetzt, um als Berufsfotograf erfolgreich zu sein. Dieses Buch gehört nicht ins Regal, es gehört auf den Schreibtisch eines jeden Fotografierenden, der ernsthaft daran arbeitet, als Berufsfotograf wahrgenommen zu werden und Erfolg zu haben. Es sollte als Arbeitsbuch begriffen werden – mit dem Anspruch, möglichst jede Woche einen der Hinweise von Martina Mettner für die eigene Situation zu adaptieren und in die Tat umzusetzen.
Ich bin davon überzeugt, dass eine konsequente Umsetzung des hier Niedergeschriebenen vielfältig nützen und die Marktsituation für uns Fotografen insgesamt verbessern würde. Mettner schreibt: „Wenn alle, die dieses Buch lesen, das Gelernte umsetzen, würde die Konkurrenz nicht größer, sondern eher kleiner werden! Es würde nämlich nicht mehr um jeden Job konkurriert, sondern jeder würde sich mit seinen besonderen Fähigkeiten auf diese fokussieren und damit für sich unter Umständen sogar ganz neue Kundenkreise erschließen.“

Blog zum Thema
Übrigens hält sich Martina Mettner auch an ihre eigenen Strategien. Unter www.erfolg-als-fotograf.de gibt es ein interaktives Blog, das mit dem Erscheinen des Buches an den Start gegangen ist. Hier soll so etwas wie eine Drehscheibe entstehen, eine Begegnungs- und Informationsplattform rund um das Thema „Erfolg in der professionellen Fotografie“. Zum Mitmachen sind alle Leser eingeladen.

Fazit: kaufen, lesen – und handeln!

Dr. Martina Mettner: Erfolg als Fotograf – Wie man sein Können optimal präsentiert. Erschienen im fotofeinkost Verlag, 216 Seiten, gebundene Ausgabe, 39,80 Euro.

Erhältlich per Direktbestellung
Oder bei Amazon

Eine Leseprobe findet sich hier.

Abstraktes Linienspiel. Foto: Christian Ahrens, Köln

Leica M9 – Anfreunden mit dem Messsucher (part 2 of 3)

Dies ist der zweite Teil meines Erfahrungsberichtes über die Leica M9, die ich für einige Wochen ausprobieren durfte. Der erste Teil ist hier erschienen.

Apropos, und das ist kein Widerspruch: Seit Jahren fotografiere ich mit den einstelligen Canons und ich kann sagen, dass ich mit dieser Kameragattung, mit ihrer Geschwindigkeit und Präzision vollkommen verwoben bin. Beim Fotografieren habe ich oft das Gefühl, dass die Kamera ein Teil von mir geworden ist und meinen Ideen und Absichten schnell und sicher folgen kann. Dabei verlasse ich mich in einem hohen Maß auch auf den außerordentlich leistungsfähigen Autofokus und auf eine Technik, die manuelles Fokussieren eigentlich gar nicht mehr wirklich unterstützt.
Und nun habe ich hier eine M9 in der Hand. Eine Kamera, die in Sachen Autofokus gänzlich unbeleckt ist und die als Fokussierhilfe lediglich zwei Geisterbilder in der Mitte des Suchers anbietet, die zur Deckung gebracht werden müssen. Und das mit lichtstarken Objektiven und meiner ausgeprägten Neigung, die scharfen Bildelemente links oder rechts zu platzieren, aber bestimmt nicht in der Mitte. Kann man mit so einer Kamera überhaupt fotografieren? Gibt es da auch nur ein scharfes Foto bei Offenblende?

Portrait eines Schreiners. Foto: Christian Ahrens, Köln

Portrait eines Schreiners. Foto: Christian Ahrens, Köln

Man kann. Und, ja: die Bilder sind scharf. Zu meiner maßlosen Überraschung funktioniert das richtig gut. Auch bei Offenblende im Schummerlicht. Auch, wenn man die Kamera verschwenken muss, um nach dem Scharfstellen die Bildkomposition zu finden. Ich war begeistert und fasziniert: das geht, das geht auf den Punkt. Und nicht nur, wenn man die Schärfe benötigt, die man für den Druck braucht. Das geht sogar dann, wenn man sich die Bilder in der 100%-Darstellung am Bildschirm betrachtet.
Ich hatte die Leica leider nur drei Wochen, und ich bin in dieser Zeit sicherlich nicht zum Scharfstellungs-Geschwindigkeits-Profi in Sachen Messsucher geworden. Aber ich hatte in den Stunden, in denen ich mich mit der M9 beschäftigen konnte, nur sehr wenig Ausschuss. Ich bin noch immer verblüfft. Ja, man kann auch in digitalen Zeiten manuell scharfstellen!

Abstraktes Linienspiel. Foto: Christian Ahrens, Köln

Abstraktes Linienspiel. Foto: Christian Ahrens, Köln

À la flaneur
Die M9 ist eine Kamera für Flaneure. Damit meine ich nicht, dass sie nur reichen Schnöseln mit zu viel Freizeit vorbehalten sein sollte. Nein, es ist eine Kamera für die Zeit im Leben, in der man sich treiben lässt, in der man als Auge durch die Welt schwimmt – und nicht produzieren muss und die Ansprüche anderer effizient zu erfüllen hat.
Auch wenn es ein bißchen zu sehr nach Feuilleton klingt: die M9 ist ein Entschleunigertool, eine Kamera für die Momente, in denen man ein wenig von der Magie des Lebens einfangen kann. Oder für zufällige, kostbare Funde. Ideal für Streifzüge durch Städte, bei Tag oder Nacht. Durch verlassene Siedlungen, sonntäglich vereinsamte Industriegebiete oder für Wanderungen auf illegal betretenem Grund.

Harmlos liegt die Kamera mit dem aufgesetzten 35mm-Objektiv in der Jackentasche und wird unspektakulär gezückt, wenn eine Komposition so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, dass ein Bild sich zu lohnen scheint. Sogar an ein paar Streetfotos habe ich mich versucht, und obwohl ich nicht behaupten kann, dass ich hier über besondere Skills verfüge, sind mir ein paar ganz nette Aufnahmen gelungen. Warum habe ich das eigentlich probiert? Weil mir der Herr Cartier-Bresson im Kopf herumschwirrt? Oder weil die M9 sich besonders dafür eignet und einen Zugang zu längst vergangenen Sujets neu eröffnet? Oder wegen beidem? Ich weiß es nicht, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht.

Street-Versuche. Foto: Christian Ahrens, Köln

Street-Versuche. Foto: Christian Ahrens, Köln

Würde ich diese Kamera besitzen, könnte ich mir sogar vorstellen, in diese Art von Fotografie wieder einzusteigen. Kann ein schnödes Kameramodell, ein Haufen materialgewordener Technik, die eigene fotografische Entwicklung tatsächlich beeinflussen? Ich halte es fast für möglich.

– Fortsetzung folgt. –

Motiv R(h)einlesen 2010. Foto: Christian Ahrens. Agentur: Public Cologne

Köln plakatiert

Plakatierung R(h)einlesen. Foto: Christian Ahrens

Plakatierung R(h)einlesen. Foto: Christian Ahrens

Am 3. bis 5. September findet das 2. Kölner „R(h)einlesen“ statt – ein Bücherbasar und Kulturfest im Rheinauhafen. Großformatige Cityplakate informieren derzeit in Köln über das anstehende Ereignis. Also, liebe Bücherfreunde, besucht diese Veranstaltung!
Ich freue mich sehr darüber, dass ich das Plakatmotiv im Auftrag der Kölner PR-Agentur „Public Cologne“ fotografieren durfte. Es entstand übrigens an einem grauen Samstagmorgen, kurz nach Sonnenaufgang am rechtsrheinischen Ufer des Rheines, an den Poller Wiesen.

Motiv R(h)einlesen 2010. Foto: Christian Ahrens. Agentur: Public Cologne

Motiv R(h)einlesen 2010. Foto: Christian Ahrens. Agentur: Public Cologne

Das Foto ist bei diesen Witterungsbedingungen dann auch nicht allzu farbenfroh geraten. Sieht man ihm jetzt gar nicht mehr an… 🙂 Meinen heißen Dank an kreutzberger . büro für visuelle kommunikation für die Postproduktion und an die Freiwillige Feuerwehr Fühlingen, aus deren Reihen sich ein Taucher als Modell bereit erklärte. Und an meine Kollegin Silvia Steinbach, die mir bei dem Job assistiert hat.
Das Wasser war übrigens eine richtig warme Suppe, ich war sehr überrascht. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, nach einem beinharten Job im Auftrag des guten Bildes anschließend mit allen Anzeichen von Unterkühlung eingeliefert werden zu müssen… Glück muss man haben!

Größenverhältnisse Leica M9 vs. Canon 1D Mk III

Leica M9 – ein subjektiver Erfahrungsbericht (1 of 3)

Ein subjektiver Erfahrungsbericht, eine Annäherung an eine Legende und Erkenntnisse darüber, warum Kleinbild irgendwie doch Leica ist. Part 1 of 3.

Was treibt einen Berufsfotografen mit Schwerpunkt Zukunftsthemen, Industrie- und Businessfotografie dazu, sich mit einer Leica M9 auseinander zu setzen? In meinem Beruf sind digitale Kleinbild-Spiegelreflexkameras Standard, und natürlich nutze ich diese Geräte täglich für alle anfallenden Aufgaben. Und schleppe meist klaglos meine 15-Kilogramm-Fototasche (und die 30 kg Licht) zum Einsatzort. Und meine beiden Canonen machen ihren Job gut und mit der erreichbaren Qualität sind nicht nur ich, sondern auch die Agenturen und Kunden mehr als zufrieden.

Eine Kamera für immer dabei
Doch gehöre ich zu den Fotografen, die ihre Leidenschaft für das Bildermachen nicht Freitag Nachmittag an der Garderobe abgeben und erst am Montag wieder hervorkramen. Neben meinen beruflichen Engagements bin ich auch in meiner Freizeit Fotograf, versuche es jedenfalls so oft wie möglich – und benötige folglich auch für die umsatzfreien Zeiten im Leben eine Kamera.
Das sind derzeit ganz selbstverständlich meine beiden Spiegelreflexkameras – doch wie ich zugeben muss, geschieht dies immer mehr sozusagen gegen meinen Willen. Zunehmend habe ich immer weniger Lust, die großen und sperrigen DSLRs mitzunehmen und privat damit zu fotografieren. Dabei ist es nicht so, dass ich diese Kameras nicht mehr gerne in der Hand halte. Das tue ich durchaus, und eine 1D MK III mit angesetztem 28mm Objektiv fühlt sich nach wie vor richtig gut an und ist ein Handschmeichler. Sie passt jedoch nicht in eine Jackentasche, ich kann sie nicht im Handschuhfach transportieren oder einfach in die Aktentasche stopfen. Und das stört mich. Das möchte ich gerne ändern.

Größenverhältnisse Leica M9 vs. Canon 1D Mk III

Größenverhältnisse Leica M9 vs. Canon 1D Mk III

Links meine bisherige „Freizeitkamera“: Eine EOS 1 D Mk III mit angesetztem 28mm-Objektiv, was ungefähr einem 35mm KB-Äquivalent entspricht. Rechts die Leica: ganz schön klein, knuffiges Objektiv, aber trotzdem richtig schwer.
Leider erfüllt keine der kompakten Kameras des Weltmarktes meine Wünsche in Sachen Handling und Bildqualität. Denn neben kleinem Packmaß soll diese Immer-dabei-Kamera dennoch qualitativ top sein, ein lichtstarkes Objektiv besitzen und darüber hinaus auch bei hohen ISO-Zahlen gute Ergebnisse bringen. Und Spaß machen! Zu analogen Zeiten wäre das gar kein Problem gewesen, eine Vielzahl von guten Sucherkameras hätte hier Abhilfe geschaffen, eine Rollei 35 fällt mir ein, eine Minox – tja, oder auch eine Leica natürlich!

Eine Kamera, die solche Ansprüche zu erfüllen antritt, war in der digitalen Welt bis vor kurzem einfach nicht zu haben. Die ganzen „Kompakten“ scheiden wegen ihres Miniatur-Sensors und der entsprechend schlechten Leistung bei höheren Empfindlichkeiten aus. Doch jetzt kamen einige interessante Kamerakonzepte auf den Markt, bei denen ich mich schon fast am Ziel wähnte: Olympus, Panasonic usw. boten auf einmal Modelle, die über einen „anständigen“ Chip verfügten.

Doch bei näherem Hinsehen erwies sich jedes dieser Kameras für mein Gefühl als untauglich: kein Sucher, kein nutzbarer Sucher, kein kleines Objektiv, keine lichtstarken Festbrennweiten, keine Pancakes, die ein 35mm Äquivalent schaffen, einen vernünftig schnellen Autofocus haben – oder überhaupt lieferbar sind. Und so weiter.
Solcherlei Mängel in wechselnder Kombination ließen jede der ins Auge gefassten Lösung letztlich als nicht tauglich erscheinen, zumal die Hersteller ja auch kein Taschengeld sondern richtig hohe Eurobeträge für ihre unausgereiften Kreationen sehen wollen. Zu guter Letzt holte ich mir sogar eine Canon G11 aus dem Rent. Und obwohl hier auch nur ein kleiner Chip am Werk ist, war ich von der Bildqualität durchaus angetan. Aber dennoch: mit dieser Kamera fühlt sich das Bilder-machen nicht nach Fotografieren an, sondern nach Knipsen. Und obwohl mir die Kamera äußerlich gut gefiel, habe ich sie dann ohne Bedauern wieder zurückgegeben.

Leica als Lösung?
Und so rückte letztlich die Marke Leica in mein Visier. Und das, obwohl ich ein bekennender Leica-Kritiker bin und bei Fragen nach diesem deutschen Traditionshersteller bisher immer recht bissig zurückgefragt habe, ob es um die Firma gehe, der in seiner langen Geschichte noch jeden Paradigmenwechsel verschlafen habe und sich deswegen mit Sammler-Sondereditionen für Vitrinenfotografen über Wasser halten müsse.
Doch mit der aktuellen Inkarnation der M-Sucherkameras, der M9, hat Leica nun eine Kamera im Portfolio, die die eingangs von mir erhobenen Forderungen praktisch alle zu erfüllen scheint: die Kamera bietet einen Vollformatchip mit hoher Auflösung, sie ist kombinierbar mit hervorragenden und sehr kompakten Optiken mit hoher Lichtstärke, und eine Kamera plus Festbrennweite passt gerade auch noch in eine Jackentasche, jedenfalls dann, wenn es sich um ein 35mm Objektiv handelt.
Und genau das war es ja, was mir ursprünglich vorschwebte: eine perfekte 35mm-Performance, die Bilder erzeugen kann, die im Zweifel nicht nur fürs Fotoalbum, sondern auch für eine Ausstellung taugen.
Für den Test erhielt ich von die gewünschte Kamera, sowie zwei Summarite: ein 35mm/2.5 und einem 90mm/2.5. Die Summarite sind eine relativ neue Objektivreihe und bilden innerhalb der Leica Hierarchie die preiswertere Einsteigerlinie. Nichtsdestotrotz gelten sie als mechanisch und optisch top, bieten jedoch nicht die hohen Lichtstärken ihrer teureren Pendants.

Das Paket von Leica war groß und voluminös und als ich endlich unter all dem Verpackungsmaterial die Kameraschachtel und die beiden Verpackungen mit den Objektiven gefunden hatte, stellte sich spontan erstmal so ein Art Apple-Auspack-Gefühl ein. Die Verpackung war durchdacht, liebevoll und hochwertig gemacht und gab zum guten Schluss ein Stück wertiger Opto-Elektronik preis: eine M9 mit zwei handlichen und schönen Objektiven. Feuchter Traum aller Leicaisten, die endlich digital werden wollen. Aber auch eine Kamera für mich?

Inbetriebnahme
An dieser Stelle wird nun erst einmal ein Geständnis fällig. Meine fotografische Sozialisation ist fast 100%ig die eines Spiegelreflexfotografen. Deshalb sind mir analoge kompakte Kameras wie die oben erwähnten von Namen und Erscheinungsbild zwar vertraut, aber ich habe nie wirklich damit fotografiert. Die einzige Kamera, die ich je in Benutzung hatte und die vom SLR- Konzept abwich, war eine analoge Contax TV-s, die schön kompakt und für die von mir jetzt gewünschten Zwecke eine Traumkamera wäre (bis auf die fehlende Lichtstärke), jedoch bereits mit Autofokus ausgestattet war – und natürlich noch immer mit Filmen gefüttert werden will. Kann man anno 2010 noch Messsucherfotograf werden – wenn man nie zuvor mit dieser Technik in Berührung gekommen ist? Eine spannende Frage, ich war wirklich neugierig auf meine ersten Erfahrungen dazu.

Erste Bilder mit der Leica M9. Foto: Christian Ahrens

Erste Bilder mit der Leica M9. Foto: Christian Ahrens

Doch zunächst noch einige Bemerkungen zur Inbetriebnahme der M9. Die Leica ist dankenswerterweise eine ganz einfache Kamera. Jeder Fotogaf, der mit den Grundlagen fotografischer Technik vertraut ist und schon mal einen digitalen Fotoapparat in Betrieb genommen hat, kommt sofort mit der M9 klar und ist in der Lage, Bilder sinnvoll zu belichten, auch ohne das Handbuch zu konsultieren. Die Beschränkung auf einige wenige Bedienungselemente, die Kombination aus althergebrachten Fotoprinzipien wie Blendenringe am Objektiv (die vermisse ich bei meinen Canons noch heute) und klassisch angeordneten Bedienelementen – all das lässt einen sofort vertraut werden mit dieser Kamera.
Einige wenige Funktionen, wie zum Beispiel die Belichtungskorrektur, habe ich allerdings nicht intuitiv verstanden. Wenn einem das aber nur zweimal in drei Wochen passiert, halte ich das für einen guten Schnitt. Es ist eigenartig: obwohl mir das Kameraprinzip (Messsucher) nicht geläufig ist, führt einen diese Kamera doch wieder zurück zu einem von mir als „klassisch“ empfundenen Kleinbild-Fotografieren. Meine ehrwürdige Minolta XD-7 sah von den Bedienungselementen ganz ähnlich aus, auch wenn sie eine gänzlich andere Kamera war. Vom Gefühl und vom Herzen her fühlte ich mich irgendwie „zuhause“ mit dieser M9. Mehr als ich es von meinen hocheffizienten Kameracomputern heute gewohnt war und bin.
– Der 2. Teil wird am Freitag, 27. August 2010 hier veröffentlicht –

Barcelona II, Foto: Christian Ahrens

Berufsfotografie und freies Fotografieren

Professionell fotografieren heißt fast immer: Fotografieren im Auftrag. Privat- oder Geschäftskunden, Agenturen oder Kommunikationsabteilungen sind diejenigen, die den Auftrag formulieren, ein Briefing erteilen und am Schluss die Rechnung bezahlen. Beruflich fotografieren ist daher in wesentlichen Elementen fremdbestimmt. Der Kunde entscheidet über Motive und Inhalte, und der Kunde entscheidet darüber, ob am Ende des Tages ein Lob oder ein Tadel steht. Qualität, Ästhetik und Wirksamkeit der Fotografien wird damit ganz selbstverständlich auch für den Kunden gemacht und der Fotograf unternimmt alles, um seine Bilder auf die maximale Wirkung im Kundensinne hin zu optimieren.
Der Fotograf wird gebraucht, um diese Vorstellungen umzusetzen – und auch um das Quäntchen Besonderheit, das Quentchen „Kreativität“ seiner Persönlichkeit mit in die Produktion einfließen zu lassen. Denn ohne diese künstlerische und ästhetische Qualität geht es nicht, zumindest nicht bei höherwertigen Produktionen.
Profession vs. Passion
Damit ist eigentlich auch schon ein tiefer innerer Widerspruch im Beruf des professionellen Fotografens angesprochen: er ist einerseits ein technischer und inhaltlicher Problemlöser und Produzent von Bildern, andererseits spielt das Kreative und Künstlerische eine nicht unwichtige Rolle, denn ohne dieses Element bleibt er ein reiner Techniker, seine Bildsprache würde nicht erkennbar und sein Marktwert stagnierte aus genau diesem Grund.
 Viele Berufsfotografen, insbesondere und gerade dann, wenn sie erfolgreich und gut gebucht sind, beschränken sich dennoch auf ihre professionelle Rolle und fotografieren kaum oder nie außerhalb ihres beruflichen Lebens. Oft ist dem auch ein schleichender Prozess vorausgegangen, der die freien Arbeiten oder das Fotografieren aus purem Vergnügen im Verlaufe der beruflichen Entwicklung bei zunehmendem Erfolg nach und nach verdrängt hat. Fast ohne es zu bemerken, wird so aus einem Fotografen, der seine kreativen Impulse und Ideen munter pflegt, einer, der Freitag Abend seine Fotografierleidenschaft an die Garderobe hängt und sie erst am Montag Morgen wieder herauskramt.

Barcelona I, Foto: Christian Ahrens

Barcelona I, Foto: Christian Ahrens

Und es ist ja auch wirklich so: Wenn unter der Woche zwei oder gar drei Produktionen laufen, mit Vorbereitung, Produktion, Nachbereitung, Aufbereitung der Bilder, Abliefern der Datenträger usw. usf. hat man eine gut gefüllte und anstrengende Woche. Da ist man froh, wenn am Freitag Abend das letzt Bild gemacht und die Blitzanlage wieder im Kofferraum verstaut ist. Dann am Wochenende noch mal loszuziehen, vielleicht zu den Wurzeln seiner kreativen Arbeit oder zu einem freien Projekt? Das kostet Kraft und Überwindung. Ist es aber auch notwendig?
Batterien aufladen
Das soll nicht heißen, dass man rein berufliche Fotografie nicht auch mit Passion leisten könnte. Ganz im Gegenteil, man sollte sie definitiv mit Leidenschaft und großem Einsatz für das gewählte Sujet betreiben. Doch besteht dennoch ein substantieller Unterschied zwischen einem freien Projekt oder selbstbestimmtem Fotografieren und der beruflichen Fotografie im Auftrag.
Bei ersteren fallen die hier skizzierten Beschränkungen der Auftragsfotografie einfach weg. Inhalt, Form, Ästhetik, technische Umsetzung, Ausarbeitung und Präsentation der frei fotografierten Motive unterliegen vollständig dem eigenen Ermessen, Anspruch und Geschmack. Es steht einem weiterhin frei, diese Arbeiten einfach nur für sich oder auch für eine Öffentlichkeit (Ausstellung, Veröffentlichung) zu planen. Die Motivation kann vielfältig sein: freies Fotografieren als Erholung, freies Fotografieren als Möglichkeit, seine Skills, seinen Stil und seine Ausdrucksfähigkeit zu entwickeln und zu schärfen, freies Fotografieren, um Themen zu bearbeiten, für die einfach keine Honorare zu erzielen sind, die einem aber wichtig sind. Und so weiter und so fort.
Freies Fotografieren entspannt. Es geschieht aus einer ungezwungenen Haltung heraus, es ist Frei-Zeit, Spiel – und macht Freude. Jeder kreative Fotograf trägt Themen mit sich herum, die er im Auftrag einfach nicht umsetzen kann. Da ist es ein Genuss, hin und wieder ein Bild oder eine Serie zu fotografieren, die sich diesem Thema nähert. Dies muss noch nicht einmal mit dem Anspruch geschehen, veröffentlichungsreife Ergebnisse zu produzieren.

Barcelona II, Foto: Christian Ahrens

Barcelona II, Foto: Christian Ahrens

Ich empfinde diese Form des freien Fotografierens jedenfalls als eine Chance, meine Begeisterung für die Fotografie insgesamt am Leben zu erhalten, zu vitalisieren. Es bringt Spannung und frische Neugier zurück und macht einfach Lust, immer weiter fotografisch aktiv zu bleiben. Da ist es kein Widerspruch, dass mich als Corporate- und Industriefotograf auch in meiner Freizeit Fabrikanlagen und Gewerbegebiete mit ihrer speziellen Stimmung und Atmosphäre reizen. „Shoot what you love“, sagt auch der großartige Joe McNally.
Das freie Projekt
Die anspruchsvollere Version des freien Fotografierens ist ein fotografisches Projekt, zum Beispiel, um ein bestimmtes Thema zu bearbeiten, um eine Ausstellung zu produzieren oder um die Inhalte für ein Buch zu schaffen. Hier liegen die Dinge ein wenig anders: auch wenn das Thema frei gewählt ist, geht es in diesem Kontext sehr schnell darum, einen Anspruch zu erfüllen, vor den Augen eines Publikums bestehen zu wollen und möglichst Bestleistung zu erbringen.

Barcelona III, Foto: Christian Ahrens

Barcelona III, Foto: Christian Ahrens

Ein freies Projekt ist, wie Fotografen-Consultant Martina Mettner schreibt, „eine Möglichkeit als Fotograf über sich selbst hinauszuwachsen“. Damit werden Grenzen verschoben, Ausdrucksmöglichkeiten erarbeitet und Ziele erreicht, die zu Beginn des Projektes vielleicht als unerreichbar angesehen wurden. Was ein freies Projekt für Fotografierende bedeuten kann, kann man in Mettners Buch „Wie man ein großartiger Fotograf wird“ detailliert nachlesen. Auch wenn dieses kluge und absolut lesenswerte Werk sich nicht vordringlich an Berufsfotografen wendet, bietet es zahlreiche Anregungen und Hinweise, seine eigene Fotografie auf ein neues Level zu bringen und seine Möglichkeiten im Rahmen eines freien Projektes zu entfalten.
The truth is in the print
Doch zurück zu den kleineren Brötchen. Als mir vor einigen Monaten klar wurde (nicht zuletzt unter dem Eindruck von Martina Mettner’s Buch), wie wichtig das Thema eigentlich ist, habe ich alle Bilder durchgeschaut, die ich 2009 als frei Fotografierender gemacht habe. Es waren bedauerlicherweise erstaunlich wenige. Einiges ist auf Reisen entstanden, manches an freien Nachmittagen oder Wochenendstunden, die ich nur für mich und mein Fotografieren genutzt habe. Ich versuchte, herauszufiltern, was davon Bestand hat. Und der beste Weg dafür erschien mir der zu sein, die gültigen Bilder als hochwertigen Print zu realisieren und anschließend vom Buchbinder zu einem kleinen Buch mit Auflage 1 umsetzen zu lassen.

Barcelona IV, Foto: Christian Ahrens

Barcelona IV, Foto: Christian Ahrens

Für den Druck entschied ich mich, die ausgewählten Fotografien in einem bestimmten Layout, mit Ortsangabe und Datumsstempel versehen, auf hochwertiges Hahnemühle FineArt Pearl zu drucken. Und so entstand im Laufe eines Wochenendes Blatt für Blatt eine Art visuelles Tagebuch, perfekt gedruckt auf einem haptisch wie optisch edlem Papier und streng aber rein subjektiv selektiert. Übrig geblieben sind gerade mal knapp 30 Prints aus einem ganzen Jahr, ein kleiner Stapel im Format 24 x 33 cm (ein halbes A3+).
Wenn ich das Ergebnis betrachte, freue ich mich. Die Konzentration auf die wenigen Fotografien, die hochwertige Ausarbeitung, das finale Buch, das daraus geworden ist – das ist etwas Besonderes für mich. Es ist nur ein kleines Werk entstanden, aber es steckt sehr viel darin. Und macht mir persönlich und ganz individuell einmal mehr bewusst, was es bedeutet und wie großartig es ist, Fotograf zu sein.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf www.fotografr.de erschienen.
Vielen Dank an Michael Kirchner, www.omori.de